Ararat

Ararat: Auf den höchsten Berg der Türkei

Beim ersten Anblick des Ararat hat es mir fast den Atem verschlagen. Wir fahren mit unserem Kleinbus von der Stadt Van nach Doğubeyazıt, als unser kurdischer Bergführer sagt „Schaut mal, da rechts seht ihr den Ararat“.

Wie ein mächtiger Riese ragt der Berg 5165 Meter hoch in den Himmel. Er ist einer der wenigen freistehenden 5000er auf der Welt und befindet sich im Armenischen Hochland in Ostanatolien nahe der Grenze zu Armenien und Iran.

Laut der biblischen Geschichte soll auf dem Gebirge Ararat nach der Sintflut die Arche Noah gestrandet sein. Am Tag zuvor haben wir auf der gegenüberliegenden Seite des Berges den angeblichen Landeplatz der Arche Noah besichtigt.

Erst vor ein paar Tagen hat es nochmal geschneit und wir sind bereits vorgewarnt, dass es noch ziemlich viel Schnee auf dem Ararat hat. Als wir den schneebedeckten Berg jetzt mit eigenen Augen sehen, macht sich ein leicht mulmiges Gefühl breit. Wie schwierig wird es sein, diesen Berg zu besteigen? Zur besseren Akklimatisierung haben wir vor zwei Tagen den 3537 Meter hohen Mount Artos bestiegen.

Anfang Juni beginnt die Sommersaison am Ararat und wir gehören zu den ersten Gruppen, die dieses Jahr hinauf wollen. Bergtouren auf den Ararat sind nur mit einheimischen lizenzierten Bergführern zulässig. Seit 2001 dürfen Ausländer den Berg unter Auflagen besteigen. Wir haben unsere Tour über den DAV-Summit-Club gebucht und sind in einer 12-köpfigen Gruppe unterwegs, die aus Deutschen und Schweizern besteht.

Unsere letzte Nacht vor dem Ararat verbringen wir in einem Hotel in Doğubeyazıt. In einem Supermarkt decken wir uns mit Keksen und Schokolade ein, sicher ist sicher…

Tag 1: Vom Hirtendorf Eliköy ins Basecamp 1

In der Nacht werden wir um 3.30 Uhr vom Muezzin geweckt, konnten dann aber glücklicherweise nochmal einschlafen. 8 Uhr gibt es ein gutes türkisches Frühstück, dann wartet ab 9 Uhr ein Ford Transit vor dem Hotel, um uns zum Ausgangspunkt zu bringen.

Über eine zuletzt holprige Fahrstraße geht es zur letzten Siedlung, dem kurdischen Hirtendorf Eliköy. Kurz danach beginnt unsere Tour auf etwa 2280 Metern Höhe. Es ist warm und die Sonne scheint. In kurzen Hosen und T-Shirt startet die Gruppe gut gelaunt in das Abenteuer.

Der Weg ist breit und nicht sonderlich steil. Wir erreichen einen Platz mit einem großen Zelt und machen hier eine Pause.

Plötzlich Hufgetrappel, unsere Pferde traben heran. Es ist ein kleines Spektakel und zuckersüß, denn einige Pferde haben ihre Fohlen dabei, die wirklich noch sehr klein sind. Die Pferde tragen Verpflegung, Matratzen, Hocker und unsere Taschen. Jeder von uns darf ein Gepäckstück mit maximal 15 Kilogramm mitnehmen. Wir selbst tragen nur unseren Tagesrucksack.

Es geht weiter, zweimal kürzen wir den Fahrweg auf einem Pfad ab. Am Himmel ziehen jetzt dunkle Wolken auf und wir hören ab und an in der Ferne ein Donnergrollen.

Nach vier Stunden erreichen wir das Basecamp 1 auf etwa 3350 Metern. Die Übernachtungszelte werden gerade aufgebaut, das Essenszelt steht schon. Unser Koch Ibrahim hat eine „Kaffeetafel“ gedeckt und es gibt jede Menge Kekse, Schokolade, Nüsse, Melone und natürlich Tee. Wir staunen nicht schlecht, im Zelt kann man sein Handy laden und an der Decke hängt eine Glühlampe. Diesen Luxus verdanken wir einem Solarpanel vor dem Zelt und den vorhandenen Batterien.

Von unserem „Adlerhorst“ hier am Berg beobachten wir interessiert das Wettergeschehen um uns herum. Über Doğubeyazıt zieht gerade ein mächtiges Unwetter hinweg. Wir versuchen, die Blitze zu filmen, allerdings ohne Erfolg.

Es wird immer kälter und dann erreicht uns das Wetter. Schneefall setzt ein und wird zunehmend stärker. Es dauert nicht lange und unser Camp ist eingeschneit.

Zum Abendessen gibt es eine warme Suppe und Reis mit Huhn und Gemüse. Da es auch im Essenszelt eher kalt ist, verzieht sich jeder bald in sein Zelt und hofft, dass der mitgebrachte Outdoor-Schlafsack hält, was er verspricht.

Höhe Camp 1: 3342 Meter
Höhenmeter: 1072 hoch, 16 runter
Kilometer: 7,29
Gesamtzeit (inkl. Pausen): 3,58

Tag 2: Vom Basecamp 1 ins Basecamp 2

Ich erwache um 5 Uhr, es ist taghell draußen. Nachdem die Füße warm waren, habe ich erstaunlich gut geschlafen. Die Stimmung draußen im Camp ist einmalig schön. Wir befinden uns über den Wolken.

Reiner fotografiert unweit des Camps eine Bärentatze im Schnee.

Die Etappe heute wird spannend. Wir wollen ins Lager 2, wissen aber noch nicht, ob es die Pferde aufgrund des Neuschnees bis dahinauf schaffen werden.

Auf 3700 Metern machen wir eine Pause und warten auf unsere Pferde. Wenn sie es nicht schaffen, müssen wir hier unser Camp aufbauen. Für die darauffolgende Gipfelnacht wäre das keine gute Voraussetzung, da sie dann entsprechend länger dauern würde.

Dann ist es soweit, die Pferde kommen. Auch die Fohlen sind dabei. Das Gelände ist steil, der Schnee stellenweise tief und die Steine nass und rutschig. Daumendrückend beobachten wir die Arbeit der Pferdetreiber, die es tatsächlich schaffen und die Tiere über die heiklen Passagen nach oben bringen.

Großes Aufatmen. Wir können weitergehen und nach 3,20 Stunden erreichen wir Camp 2 auf 4095 Metern. Mittlerweile hat sich das Wetter wieder verschlechtert und eine Nebelwolke hüllt das Camp komplett ein. Nachdem die Pferde alles abgeladen haben, gibt’s ein paar Streicheleinheiten und dann dürfen sie wieder runtergehen und die Nacht dort verbringen, wo es weniger kalt und unwirtlich ist.

Die Zelte müssen noch aufgebaut werden und da der nächste Schneesturm im Anmarsch ist, packt jeder aus der Gruppe mit an.

Und schon setzt der erste Graupelschauer ein, wird zunehmend stärker und geht dann in dauerhaften Schneefall über, begleitet von mehreren Windböen. Die Stimmung in der Gruppe ist immer noch gut. „Leute, das ist doch mal was anderes als im Büro sitzen“, sagt unser Youngster lachend. Da hat er natürlich recht.

Das Abendessen gibt es heute schon um 17.30 Uhr. Ibrahim macht uns einen Teller Nudeln mit Gemüse und Huhn. Damit sind wir hoffentlich gut gewappnet für die folgende Gipfelnacht. Kurz nach 18 Uhr verschwindet jeder in seinem Zelt und hofft auf ein paar Stunden Schlaf.

Höhe Camp 2: 4095 Meter
Höhenmeter: 700 hoch, 9 runter
Kilometer: 3,22
Gesamtzeit (inkl. Pausen): 3,20 Stunden

Tag 3: Gipfeltag!

1 Uhr klingelt der Wecker, wir haben glücklicherweise tatsächlich ein paar Stunden schlafen können. Im Essenszelt gibt es Frühstück und heißes Wasser für unsere Thermoskannen. Es ist ziemlich kalt, aber windstill. Wir sehen Sterne am Himmel. Für den heutigen Tag verspricht der Wetterbericht Sonne am Gipfel.

1.55 Uhr starten wir. Es ist stockfinster, alle setzen ihre Kopflampen auf. Der Weg ist gleich von Anfang an steil und über große – teils übereiste – Steinbrocken schrauben wir uns nach oben.

Stellenweise ist der Schnee wirklich tief und es ist mühsam, voranzukommen. Gegen 4.30 Uhr endlich ein heller Streifen am Horizont, die Sonne geht auf.

Ich hoffe die ganze Zeit, dass es nach dem Sonnenaufgang wärmer wird, aber das passiert leider nicht. Damit wir niemanden aus der Gruppe verlieren, gehen wir langsam und müssen öfter auch warten. Meine Hände und Füße sind eiskalt. Auch der Trinkschlauch ist mittlerweile eingefroren.

Wir erreichen eine übereiste Stelle und legen die Steigeisen an. Steil zieht der Weg fortlaufend nach oben. Dann sehen wir erstmals den Gipfel, er scheint gar nicht mehr so weit entfernt. Unser Guide Azat verkündet: „Ab jetzt noch eine Stunde“. Ich bin kurz schockiert. Immer noch so lange?

Nach dem letzten steilen Stück drehen wir nach rechts ab, jetzt sind wir in der Sonne, aber ein eisiger Wind bläst von links und wirbelt die Schneekristalle durch die Luft.

Der finale Gipfelweg zieht in ein paar anstrengenden Serpentinen hoch und dann ist es soweit. 7.30 Uhr erreichen wir den Gipfel des Ararat auf 5165 Metern und damit den höchsten Berg der Türkei.

Der Ararat ist ein ruhender Vulkan. Sein Name bedeutet übersetzt „feuriger Berg“. Zuletzt ist er im Jahr 1840 ausgebrochen. Die erstarten Lavaströme kann man beim Aufstieg im unteren Teil noch gut erkennen.

Der Wind bläst erbarmungslos und man muss sich zwingen, die Handschuhe auszuziehen, um Fotos zu machen. Alle freuen sich mächtig, es bei diesen Bedingungen hoch geschafft zu haben. Aber es ist sehr kalt, daher geht es nach 10 Minuten schon wieder an den Abstieg.

Ohne Steigeisen wären wir am Ararat chancenlos. Gerade das erste Stück zurück vom Gipfel ist vereist und abgeblasen. Für den Abstieg geht es zunächst auf bekanntem Weg zurück.

Leider steigen wie fast jeden Tag aus dem Tal schon wieder ein paar Wolken herauf und auch wir verschwinden nun wieder in den Wolken. Über ein großes Schneefeld geht es zügig hinab.

Zuletzt steil weiter über steinige Passagen zurück ins Camp 2, welches wir um 11.20 Uhr erreichen.

Zur Stärkung gibt es Tee und Kekse. Da einige aus der Gruppe aufgrund der Höhe jetzt Kopfschmerzen haben, wollen wir gerne schnell weiter. Und so starten wir 12.30 Uhr Richtung Camp 1, wo wir nochmals eine Nacht verbringen werden.

Den Weg kennen wir bereits vom Aufstieg und nach 1,45 Stunden erreichen wir Camp 1. Wir beziehen unsere Zelte und verbringen den Nachmittag mit Schlafen, Essen und Auswerten der Ereignisse der letzten Nacht. Abends sind alle mächtig hungrig. Es gibt heute wieder eine leckere Suppe und Reis, Kartoffeln, Gemüse und Huhn – die Lebensgeister kommen langsam zurück.

Tag 4: Abstieg ins Tal und Rückfahrt nach Doğubeyazıt

Heute geht es nur noch runter. Jeder freut sich auf die Dusche und wärmere Temperaturen. 8 Uhr gibt es Frühstück. Auch die Pferde sind bereits da, sie werden unser Gepäck wieder nach unten tragen.

9 Uhr starten wir auf dem bekannten Aufstiegsweg und nach 2,10 Stunden erreichen wir den Endpunkt unserer Tour knapp oberhalb des kleinen Ortes Eliköy, wo schon der Ford Transit wartet und uns nach Doğubeyazıt zurückbringt.

Höhenmeter: 13 hoch, 1192 runter
Kilometer: 7,51
Gesamtzeit (ink.. Pausen): 2,10 Stunden

Fazit: Anstrengende Hochtour in einem touristisch noch wenig bekannten Gebirge

Wir haben schon viele Nächte in einem Zelt verbracht, bei Schneesturm allerdings noch nie. Die wechselnden und stellenweise strengen Wetterbedingungen haben den Ararat für uns zu einem echten Abenteuer gemacht, das wir so schnell nicht vergessen werden. Die Gipfeletappe ist anstrengend und viele Passagen ziemlich steil. Steigeisen waren bei uns unerlässlich. Hat man das Gipfelplateau erreicht, kommt echtes Hochtourenfeeling auf und es ist ein grandioses Erlebnis, wenn man den Gipfel des Ararat endlich erreicht hat und sich weit über den Wolken befindet.

Am Abschlussabend bekommen wir von unserem Bergführer Kemal Urkunden für die erfolgreiche Ararat-Besteigung überreicht.

Von Doğubeyazıt ist es übrigens nicht weit bis zum berühmten Ishak-Pascha-Palast, den wir zum Anschluss noch besichtigen.

Der sehenswerte Palast befindet sich auf der vorläufigen Liste der UNESCO-Welterbestätten – und unsere Reise nimmt mit diesem kulturellen Highlight ein perfektes Ende.

Download file: Ararat_2025.gpx

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Fichtelberg: Auf den höchsten Berg in Sachsen

  1. Jana

    Ihr seid spitze! Sehr schöne Beschreibung… Ich kann quasi mitfühlen, wie die Füße und Hände eiskalt sind. Schön, daß ihr wieder heil zu Hause seid. 😘

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