Zehn, zwölf oder noch mehr Gipfel in zwei Tagen? Kein Problem. Bei der Überschreitung der Nagelfluhkette in den Allgäuer Alpen ist das zu schaffen.
Die Tour ist ein Klassiker im Allgäu und eine der schönsten Kamm- und Gratwanderungen in den Alpen. Der höchste Berg der Nagelfluhkette ist der Hochgrat (1834 Meter). Bei der Tour liegt er quasi auf dem Weg.
Wir teilen uns die Überschreitung des Gebirgskamms auf zwei Tage auf. So können wir noch ein paar mehr Gipfel sammeln und eine Nacht auf dem Staufner Haus verbringen. Es wurde 1908 gebaut und gehört der Alpenvereinssektion Oberstaufen-Lindenberg.
Tag 1: Von der Hochgratbahn über den Seelekopf zum Staufner Haus
Unser Auto parken wir in Oberstaufen. Von hier fahren wir mit dem Bus zur Hochgratbahn, wo unsere Tour kurz nach 11 Uhr bei schönstem Wetter startet.
Auf einem zunächst noch breiten Weg steigen wir auf. Auf den Almen grasen die Kühe und wir kommen an einem beeindruckenden freistehenden Baum vorbei.

Wir passieren die Untere Stiegalpe (976 m) und die gemütliche Oberstiegalpe (1178 Meter).

Vorbei an einem weiteren gigantischen Baumriesen.

Der Weg zieht fortlaufend nach oben und leitet uns zur Falkenhütte, die wir nach 1,5 Stunden erreichen und uns eine Pause gönnen.
Jetzt geht der Weg in einen Pfad über und wir erreichen mit dem 1639 Meter hohen Eineguntkopf den ersten Gipfel. Wir folgen dem herrlichen Weg und sehen die ersten markanten Gesteinsbrocken, die dem Gebirgskamm seinen Namen geben.
Das Nagelfluh wird von den Einheimischen auch sarkastisch als Herrgottsbeton bezeichnet. Es sieht aus wie gerüttelter Waschbeton. In der Gesteinsmasse sind unzählige runde Gesteinsbrocken „eingebacken“. Ich habe sowas bislang noch nirgends gesehen.

Mit dem Hochfluhalpkopf (1636 Meter) erreichen wir den nächsten Gipfel. Er hat keine Aussicht, dafür aber ein kleines Kreuz.

Über Stufen, Leitern und ab- und an seilversichert geht es auf dem „Luftigen Grat“ spannend weiter.

15 Uhr erreichen wir den Seelekopf (1663 Meter) mit seinem großen Gipfelkreuz und haben eine fantastische Aussicht. Auch das Staufner Haus ist von hier aus schon zu sehen. Es ist beliebt und hat eine tolle Lage. Zwei bekannte Europäische Fernwanderwege (E4 und E5) führen hier vorbei.

Jetzt ist es nicht mehr weit. Tritte helfen über eine steile Passage hinweg.

Nach 30 Minuten erreichen wir das Staufner Haus und unsere Unterkunft für heute. Wir lassen den Nachmittag auf der schönen Terrasse gemütlich ausklingen. Zum Abendessen gibt es Käsespätzle mit Salat, besser geht’s nicht.

Höchster Berg „Seelekopf“: 1663 Meter
Höhenmeter: 998 hoch, 269 runter
Kilometer: 9
Gesamtzeit (inkl. Pausen): 4,20 h
Tag 2: Über neun Gipfel vom Staufner Haus bis nach Immenstadt
Die Nacht im Lager war angenehm und der zweite Tag empfängt uns abermals mit herrlichem Wetter. Beste Voraussichten für die lange Tour heute. Die Gehzeit wird mit 6-8 Stunden angegeben, da kommt also einiges auf uns zu.
Beim Staufner Haus starten wir 7.45 Uhr auf breitem Fahrweg und erreichen dann bei der Hochgratbahn die eigentliche Tour. In nur 30 Minuten stehen wir schon auf dem Hochgrat (1834 Meter) – unserem ersten Gipfel des Tages und dem höchsten Berg der Nagelfluhkette.

Beeindruckend die Aussicht von hier oben und auch der Weiterweg ist bereits gut zu erkennen.
Wir steigen nun ab zur Brunnenauscharte, dann führt uns ein schmaler Abstecher hinauf auf das Rindalphorn (1822 Meter).

Zurück am Grat geht’s hinab in die Gündlesscharte und anschließend schweißtreibend und steil hinauf auf den Gündleskopf (1748 Meter).

Weiter geht’s. Wie passieren eine seilversicherte aber unschwierige Passage und erreichen den Buralpkopf (1772 Meter).

Nach kurzem Abstieg geht es erneut steil hinauf. Unser nächster Gipfel ist der Sedererstuiben (1751 Meter).

Von hier aus könnte man einen Abstecher zur Gundalpe machen, der einzigen Einkehrmöglichkeit der Tour. Wir verzichten darauf und bleiben auf der Hauptroute. Mit dem Stuiben (1749 Meter) wartet bereits der nächste schöne Gipfel auf uns. Als wir ihn erreichen findet hier gerade eine Bergmesse statt und wir schauen eine Weile zu.
Der Abstieg vom Gipfel ist überraschend steil und erfolgt am drahtseilversicherten Felsgrat mit schmalen Tritten hinab, die bislang mit Abstand heikelste Stelle der Tour und sicherlich die Schlüsselstelle.

Der Weiterweg ist schmal, abwechslungsreich und ab und an recht luftig.

Dann treffen wir auf eine Wegverzweigung und gehen geradeaus weiter zum Steineberg (1683 Meter). Von hier aus könnte man über eine senkrechte und zehn Meter hohe Leiter zum Wanderweg absteigen. Das ist nichts für mich und so gehen wir zur Weggabelung zurück, halten uns dann rechts und umgehen damit die steile Leiter, die wir auf diese Weise nur passieren.

Wir wandern nun steil weiter abwärts, dann flacht der Weg langsam ab und durch lichte Wälder geht es hinein in eine Senke und nochmal kurz hoch zum Bärenkopf (1476 Meter).

Jetzt ist es nicht mehr weit, mit dem Mittag (1420 Meter) erreichen wir unseren letzten Gipfel. Hier endet unsere großartige Nagelfluhüberschreitung. Da es erst 14 Uhr ist, könnten wir die 500 Höhenmeter sogar noch runterlaufen – aber die Beine sind schon ziemlich müde und wir wollen noch nach München zurück. So schweben wir gemütlich mit dem Sessellift hinunter ins Tal nach Immenstadt. Von hier fahren wir mit dem Zug zurück nach Oberstaufen, wo wir unser Auto geparkt haben.
Höchster Berg „Hochgrat“: 1834 Meter
Höhenmeter: 1180 hoch, 1367 runter
Kilometer: 15,92
Gesamtzeit (inkl. Pausen): 6,10 h
Fazit: Spektakuläre Gipfeltour für konditionsstarke Bergwanderer
Zwölf Gipfel in zwei Tagen – so unsere Bilanz am Ende unserer Überschreitung der Nagelfluhkette. Würde man die Tour noch weiter im Westen starten, könnte man sogar noch mehr Gipfel sammeln. Das ist spektakulär und genauso hat sich die Bergtour auch angefühlt. Der Weg enorm abwechslungsreich mit einer guten Mischung aus normalem Gehgelände und heikleren Passagen, die allerdings gut gesichert sind und dem Höhenweg seine Würze verleihen. Der zweite Tag ist lang und anstrengend, man sollte also Kondition mitbringen, da es ständig hoch und wieder runter geht. Passt das Wetter ist die Tour ein großes Vergnügen und wird zurecht als eine der schönsten Gratwanderungen in den Alpen aufgeführt.
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