Mit einer Länge von 55 und einer Breite von gerade einmal sieben Kilometern sieht São Jorge wie eine Nadel im Ozean aus. Die Azoreninsel gilt als wahres Wanderparadies.
Nachdem wir gerade auf Pico und Fajal waren, erwartet uns die von den dreien am wenigsten besiedelte Insel. Der Hauptort Velas hat gerade einmal 1800 Einwohner, insgesamt leben etwa 8500 Menschen hier und der Tourismus steckt noch in den Kinderschuhen.

Von Fajal dauert die Überfahrt mit der Fähre zwei Stunden. Das Boot nimmt nicht den direkten Weg, sondern legt einen kurzen Zwischenstopp auf Pico ein, so dass noch weitere Passagiere aus- und einsteigen können. Die Überfahrt ist wieder ein Erlebnis. Wir sehen Delfinschwärme aus dem Wasser auftauchen, es ist herrlich.
São Jorge ist nicht nur berühmt für seinen Käse, sondern auch für eine atemberaubende Natur. Zu den Highlights gehören die 75 Fajas am Fuße der 400 bis 700 Meter hohen Steilküste. Die Küstenebenen sind durch Lavaströme und Bergrutsche entstanden und wurden von den Bewohnern urbar gemacht. Heute sind nur noch wenige davon bewohnt, nach dem Erdbeben 1980 haben viele Menschen die Gebiete verlassen. Dennoch führen zu einigen heute Wanderwege hinab.

Doch bevor wir ans Meer hinabsteigen, wollen wir erstmal hinauf. Der Pico da Esperança, höchster Berg von São Jorge, ist unser erstes Wanderziel.
Dazu fahren wir ins Hochland der Insel und stellen unser Mietauto am Pass der Transversale ER 3 ab. Es ist der höchste Punkt der Straße auf 783 Metern.
Wir folgen dem Wanderschild „Fajãs de Ouvidor“ auf einer breiten Piste. Der sandige Weg ist gut mit dem Auto befahrbar, ein paar Fahrzeuge kommen uns sogar entgegen. Wir passieren nach einem Brunnen die Nordflanke des Pico do Pedro. Immer wieder zeigen Schilder die Namen der Berge an, die man gerade passiert. Wanderwege führen allerdings nicht auf die Gipfel.

Dann erreichen wir am Südhang des Morro Pelado ein Denkmal. Es erinnert an den tragischen Flugzeugabsturz im Dezember 1999. 35 Menschen sind hier ums Leben gekommen, als das Flugzeug mit dem Vulkan kollidierte und abstürzte.

Es ist jetzt nur noch ein Katzensprung auf den höchsten Berg der Insel.

Nach einer letzten Linksschleife erreichen wir den Abzweig zum Gipfel, der mit einem Wegweiser markiert ist.

Ein schmaler aber einfacher Pfad zieht zügig nach oben und schon nach etwa 15 Minuten stehen wir auf dem mit einer Markierung versehenen 1053 Meter hohen Pico da Esperança. Der letzte größere Ausbruch des Vulkans war im Jahr 1808.
Die Aussicht ist spektakulär, besonders schön ist der Blick hinüber zum Pico auf der gleichnamigen Insel.

Doch auch der Blick über die langgestreckte Insel ist einmalig. Wir sehen zahlreiche Vulkankegel und grüne Wiesen. Auch die Nachbarinseln Graciosa und Terceira sind zu erkennen.

Nach einer kleinen Rast umrunden wir den Krater und steigen wieder zu Piste hinab. Wer keine Zeit und Muse für eine lange Tour hat, geht jetzt am besten den gleichen Weg wieder zurück. Wenn wir geahnt hätten, was uns blüht, hätten wir das vielleicht auch getan.
Wir folgen unserem Track aus dem Rother-Guide Azoren nach links und bleiben immer auf der sandigen Piste. So passieren wir noch den Pico do Areiro und den Pico Pinheiro. Interessante Kugeln liegen am Wegesrand.

Dann, kurz nach dem Pico Pinheiro, erreichen wir eine Weggabelung und biegen nun scharf links ab. Was wir bis hierhin gelaufen sind, müssen wir alles noch zurück. Das ist uns schon klar. Zunächst führt der Weg malerisch durch mannhohes Azoren-Heidekraut.

Wir gönnen uns jetzt nochmal eine Pause und begeben uns dann an den Endspurt. Denn da wir zum Auto zurückmüssen, können wir nicht zur „Fajãs de Ouvidor“, wie im Rother empfohlen, absteigen. Wir lassen den Abzweig hinab also rechts liegen und folgen der nun geteerten Straße immer gerade aus.
Kühe grasen hier und produzieren die Milch für den berühmten Käse. Der beste ist der Rohmilchkäse Queijo São Jorge. Sein Geschmacksgeheimnis ist die fettarme und proteinreiche Milch. Dafür verantwortlich sind die Hochlandweiden und die salzhaltige feuchte Luft. Die Milch der 20.000 Kühe von São Jorge gehört zu der besten der Welt.

Unser Weg zieht sich leider wie Kaugummi. Am Ende sind es fast zehn Kilometer, ein paar Kurven bringen Abwechslung in die Sache, oft geht es aber auch einfach nur schnurgerade geradeaus.

Die Fußsohlen glühen und wir atmen auf, als der Weg nach etwa zwei Stunden endlich nach links abdreht und wir kurze Zeit später wieder den Parkplatz erreichen und die Wanderschuhe ausziehen können.
„Pico da Esperança“ 1053 Meter
Zeit bis zum Gipfel: 1,30 h
Höhenmeter: 661 hoch, 665 runter
Kilometer: 19,85
Gesamtzeit (inkl. Pausen): 5 Stunden
Fazit: Einsame Wanderung mit langem Schlussfinale
Die Wanderung auf den Pico da Esperança ist durchgehend leicht und auch sehr kurz, wenn man den gleichen Weg zurückgeht. Wer nicht wie wir zum Auto zurückmuss, dem sei der Weg über den Pico und dann hinab in die „Fajãs de Ouvidor“ empfohlen. Mit einer Gesamtlänge von knapp 17 Kilometern und 1080 Metern im Abstieg ebenfalls kein Pappenstiel. Dafür wartet mit der „Fajãs de Ouvidor“ am Ende der Tour ein Highlight.
Da am Tag darauf kein Wanderwetter ist, fahren wir mit dem Auto die kurvenreiche Straße hinab. Schon vom Miradouro hat man einen fantastischen Ausblick hinunter.

Unten steht noch ein ganzes Dorf und man sieht viele alte Adegas (Natursteinhäuser mit Weinkellern), es gibt’s ein gutes Restaurant und einen natürlichen Pool zwischen den rauen Lavafelsen. Absolut sehenswert.
Schreibe einen Kommentar